Geht es dir auch manchmal so, dass dir an einem bestimmten Punkt in deinem Leben ein und dasselbe Wort auf einmal dauernd begegnet? Mir geht es gerade mit dem Wort „Aufblühen“ so. Und weil ich mir sicher bin, dass wir gerade genau das wieder brauchen – ein Aufblühen!
Aufblühen – Beziehungen wieder aufleben lassen – raus gehen – die Sonne sehen und auf mich wirken lassen – Schönes erleben – Schönes gestalten – Freude empfinden – Unbeschwertheit erleben – glücklich sein! Und ich habe den Eindruck, bei dem Wunsch muss ich mich fast entschuldigen oder schuldig fühlen.
Ja, es stimmt! Es tobt gerade – wie viel zu häufig auf dieser Erde – Krieg! Und zwar leider nicht nur in der Ukraine – auch wenn wir das zu vergessen scheinen…
Aber muss ich mich schuldig fühlen, wenn ich trotzdem mein Leben lebe? Über dieses Thema habe ich mir schon an mehreren Punkten in meinem Leben Gedanken gemacht. Zwei Erlebnisse möchte ich dir dazu erzählen:
Indien
1999 war ich für drei Monate in Indien – eigentlich, um alles dort vorzubereiten, um zu bleiben! Ich habe dort in einem Heim für ungewollte Mädchen gearbeitet – und bin sehr unmittelbar mit dem Leid der Mädchen und Frauen in Indien in Berührung gekommen.
Ich habe gesehen, wie eine Frau komplett verbrannt ins Krankenhaus eingeliefert wurde, weil ihr Mann den Schleier ihres Saris ins Feuer gehalten hat – nur, weil sie eine Tochter statt eines Sohnes bekam!
Ich habe erfahren, wie viele kleine Mädchen in ihren ersten Lebenstagen getötet werden, weil sie eine zu große finanzielle Belastung für die Familie sind und in sich keinen Wert haben… seitdem untertstützen wir mit ganzer Kraft das Hilfswerk, dass sich um das Wohl dieser geretteten Mädchen kümmert!
Kannst du dir vorstellen, wie es mir ging, als ich ein paar Jahre später bei einem Unternehmen arbeitete, bei dem wir für ein Hotelzimmer während der Messe in Lyon über 400 Euro pro Nacht ausgaben? 400 Euro – mit diesem Geld hätte man mindestens 10 dieser Mädels einen Monat lang mit allem versorgen können, was sie brauchten!
Unsere Hochzeit
Am Tag unserer Hochzeit hat uns ein Freund der Familie mit einem Hochzeitsauto überrascht, dass perfekt war, um darin stehend herumzufahren – es hatte nämlich oben einen Überrollbügel, sodass man sich wunderbar daran festhalten konnte. Bei der Fahrt von der Kirche zum Feierort, sind wir auch durch meinen bisherigen Wohnort gefahren. Als wir an dem Haus vorbeifuhren, in dem ich noch wenige Tage vorher gewohnt hatte, sah ich, dass zwei Häuser weiter gerade ein Leichenwagen vorfuhr.
Da war es wieder, das Gefühl: Wie kann ich mich freuen und unbeschwert sein, wenn in der Welt zur gleichen Zeit so viel Unrecht und Leid ist? Und wie immer, wenn ich an Dingen hängenbleibe, mit denen ich nicht klarkomme, habe ich kurz Rücksprache gehalten – man könnte es auch Beten nennen! 😉
Die Antwort, die ich bekam, hat mir geholfen, diesen Tag dann trotzdem noch in vollen Zügen zu genießen! Vom Sinn her war es: Schau, auch dein Leben hat bisher aus sehr schweren und sehr schönen Momenten bestanden. Es gibt nicht das Eine – ohne das Andere! Und in allem bin ich bei dir – und bei allen anderen Menschen, die das erleben!
Ich glaube, es geht eher grundsätzlich um die Frage, wie ich mich in meiner Umwelt bewege. Nehme ich wahr, wenn es Menschen um mich herum nicht gut geht? Oder bin ich so mit mir selbst und meinen To-Dos beschäftigt, dass ich keinen Blick mehr für andere habe. Seien wir mal ehrlich: Es gibt auch direkt vor unserer Haustür soviel Leid und Ungerechtigkeit!
Ich wünsche mir grundsätzlich ein Herz, dass Menschen sieht – in ihrer Schönheit und auch in ihrer Bedürftigkeit. Und ich möchte um mich herum eine Atmosphäre der Wertschätzung und Unterstützung schaffen – eine Atmosphäre, in der Menschen aufblühen können!
Hab einen wunderschönen Tag, deine Anne